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[Presse] Seit 28 Jahren der "junge Mann"

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SH-Kirmes Der Benutzer wurde geprüft und ist eine reale Person. Unterstützt das Forum mit einer jährlichen Spende. Ist ein Ehrenmitglied. Neu  17.03.2005 Donnerstag, 17. März 2005 13:14
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Dennis Nastedt
Hanerau-Hademarschen
Deutschland . SH
Der mitreisende Aufbauhelfer Ralf Pusch hat jeden Tag sein "Rendezvous"
von Simone Meyer

Dieses Mal wollte Ralf Pusch (45) schon früher raus, raus auf den Platz. "Weil's endlich wieder losgeht!", sagt er. Seit zwei Wochen schraubt und schrubbt der 45jährige auf dem Hamburger Dom am "Rendezvous". Das Fahrgeschäft soll sich von morgen an wieder auf dem Heiligengeistfeld drehen, zum ersten Mal nach drei Monaten Winterpause. "Jetzt ist Schluß mit dem Lotterleben!" Der Schaustellerhelfer freut sich auf die neue Saison, obwohl mindestens 20 Wochenenden harte und späte Arbeit auf ihn warten. Und 20 Umzüge. Doch dieses Leben hat er sich vor 28 Jahren ausgesucht. Rolf Pusch ist auf dem "Rendezvous" zu Hause und unterwegs zugleich.


1976 war er einer jener gesuchten "jungen Männer zum Mitreisen", die in der Glitzerwelt von Autoscooter und Losbuden das Abenteuer rochen. "Ich hatte Streit zu Hause", erinnert er sich. Mit 17 Jahren zog er aus, mit dem "Musikexpress" mit. "Ein Jahr später bin ich dann rübergewechselt" - auf das "Rendezvous" der Familie van der Ville, eines der ältesten Karussells auf dem Dom. Daß auf Reisen kein Tag wie der andere ist, gefällt Pusch an seinem Job. Wie auf Montage fühle er sich. "Hier montiere ich ja auch." Von März bis Dezember fährt er mit dem Geschäft von Hamburg über Bad Segeberg, durch die Lüneburger Heide bis Bergen. Der Winterdom ist die letzte Station, der Frühjahrsdom die erste.


Auf drei Lkw-Anhängern transportiert Inhaber Georg Hermesmeyer sein "Rendezvous", zerlegt in Aluplatten, Holzteile, Geländer, und Gondeln. Hinter der 60 Tonnen schweren Fassade, die Besucher am Ende funkeln sehen, steckt viel Dreck und viel Schweiß. "Zwei Tage brauchen wir mindestens, bis das Ding aufgebaut ist", sagt Ralf Pusch. Spätestens um 9 Uhr steigt er aus seinem Wohnwagen, setzt die Strickmütze auf, zieht die Arbeitsjacke über. Handschuhe braucht er nicht. Seine Finger sind fast schwarz vom Schmieröl an den Bolzen. Steht das Gerüst über dem Lkw-Anhänger, kommt die Feinarbeit: Schrauben festziehen, Kabel kontrollieren, Lampen auswechseln, Holzteile nachschleifen oder neu lackieren. Zu dritt basteln sie am "Rendezvous". Mit Marek und Darek, zwei Polen, die seit einigen Jahren mitreisen, teilt sich Ralf Pusch auch den Wohnwagen hinter dem Fahrgeschäft. Auf 20 Quadratmetern leben die Helfer unter einem Dach. Jeder hat in seiner Kabine gerade Platz für ein Etagenbett, Stuhl, Tisch und Einbauschrank. Küche, Dusche und Toilette teilen sich die Drei. "Wir sind wie eine Familie", sagt Pusch. Wenn er um 18 Uhr Feierabend hat, steigt er die Treppe zum Wohnwagen hoch, duscht, kocht sich etwas, legt sich ins Bett und schaut fern. Manchmal zieht er noch einmal los über den Platz - "hier gucken, da gucken. Wo soll man sonst hin?" Die Hälfte der Männer, die in der Nachbarschaft arbeiten, kennt er.


"Junger Mann zum Mitreisen gesucht" - diese Schilder sind fast verschwunden. "Das bringt schon seit ein paar Jahren nichts mehr", weiß Max Eberhard, Präsident des Hamburger Schaustellerverbands. Auch Dauergesuche beim Arbeitsamt hätten wenig Erfolg. "Trotz 5,2 Millionen Arbeitslosen gibt es immer noch zu wenig Leute, die ambulant arbeiten wollen - und dann noch am Wochenende", klagt er. Selbst aus Krisengruppen wie der Baubranche könnten Fahrgeschäftbetreiber kein Personal mehr rekrutieren. "90 Prozent kommen heute aus Osteuropa", sagt Eberhard. Die meisten Schaustellergehilfen seien heute Polen, die zu Hause Familie hätten, aber wüßten, was sie hier verdienen könnten. "Ohne sie gäbe es seit zehn Jahren keinen Jahrmarkt mehr."


Es ist schon eine spezielle Sorte Mensch, die so ein Leben auf Reisen führen will", weiß Simon Gergel, Juniorchef auf dem "Rendezvous". Doch Ralf Pusch genießt "die Freiheit, die man so hat", zwischen Achterbahn und Zuckerwatte. Daß sich damit nicht mehr so leicht Geld verdienen läßt, weiß er. Ein paar Jahre will er den Job noch machen. "Dann setz' ich mich zur Ruhe." Dann bleibt er auf dem Hof der Familie Hermesmeyer, wo er im Winter auch sein Zimmer bekommt. "Wer so lange da ist, den jagt man nicht mehr weg." Einmal war er weg: Zwischendurch lernte er eine Frau kennen, heiratete, fing bei einer Spedition an. Nach der Scheidung kam er wieder. Und ist geblieben. "Hier auf dem Platz ist doch jeder Tag schön."


(c) welt.de
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