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[Presse] "Freizeitparks müssen Kurzurlaubsziele werden"

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scholavo Der Benutzer wurde geprüft und ist eine reale Person. Unterstützt das Forum mit einer jährlichen Spende. Ist ein Ehrenmitglied. Neu  29.07.2013 Montag, 29. Juli 2013 11:21
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Deutschland . RP
Auch wenn der Titel keine neue Erkentniss mit sich bringt, die Darstellung Herr Kenters über die Zukunft der deutschen Freizeitparks deckt sich mit dem, was man schon heute in vielen mittelgroßen Parks feststellen kann. Letztendlich wohl eine Entwicklung, die wie in vielen Branchen, Folge der Globalisierung zu sein scheint. Und da gewinnen nicht die Stärksten sondern Flexibelsten.

welt.de"Freizeitparks müssen Kurzurlaubsziele werden"

Deutschlands Freizeitparks steht ein Wandel bevor, sagt Phantasialand-Chef Ralf-Richard Kenter. Er befürchtet Schließungen, denn ohne Hotels könne künftig kein großer Park überleben.

Wer sich zum Interview mit Ralf-Richard Kenter trifft, muss in eine fremde Welt eintauchen: Der Chef von Deutschlands zweitgrößtem Freizeitpark, dem Phantasialand bei Köln, empfängt Gäste meist an der Lobby des chinesisch inspirierten Parkhotels. Das Gespräch wird begleitet von sanften asiatischen Klängen, dem Plätschern eines Springbrunnens – und dem Kreischen der Gäste in der Achterbahn, die alle zwei Minuten auf der anderen Seite der Trennwand vorbeirauscht.

Die Welt: Herr Kenter, Sie haben gerade Mittagspause – und sitzen zum Interview in einem Ihrer Themenhotels. Verbringen Sie sonst die Pausen mit Achterbahnfahren?

Ralf-Richard Kenter: Nein, leider nicht. Das ist ja das Dilemma der Freizeit- und Tourismusbranche: Diejenigen, die für die schönen Erlebnisse anderer zuständig sind, haben selbst zu wenig Zeit zum Genießen. Ein Koch kann auch nicht nur essen!

Die Welt: Der Chef des Europaparks Rust, Roland Mack, macht sich schon mal einen Spaß daraus, mit dem Golfcaddy durch den Park zu preschen. Was sind die Privilegien, die Sie sich herausnehmen?

Kenter: Ich bin in unserem Park lange nicht so bekannt wie Roland Mack es bei sich ist. Anders als Herr Mack bin ich aber auch nicht der Eigentümer. Ich kann sogar teilweise inkognito durch den Park gehen. Das empfinde ich als Privileg, denn dadurch erlebe ich den normalen Ablauf. Das geht bei jemandem wie Roland Mack sicher nicht.

Die Welt: Wie stark leben Sie als Chef eines Freizeitparks mit der Angst, dass einem Besucher etwas zustößt? Sei es durch einen technischen Defekt, sei es, weil jemand auf der Achterbahn einen Herzinfarkt erleidet.

Kenter: Die Sorge schwingt immer mit, beeinflusst mich aber nicht im täglichen Geschäft. Freizeitparks in Deutschland sind extrem sicher, sie werden ständig von unabhängigen Prüfstellen überwacht. Aber: Technik kann nie zu hundert Prozent sicher sein. Das kann ich so sagen, weil ich von Haus aus Ingenieur bin. Wo viele Menschen sind, kann auch immer etwas passieren. Wir wissen hier um die hohe Verantwortung, die wir haben.

Die Welt: Mit der Verantwortung wächst doch auch der Druck.

Kenter: Nein, bei mir nicht. Wenn man Verantwortung als Druck empfindet, ist man vielleicht nicht willens und in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Wenn man sich sagen kann, dass man alles Menschenmögliche getan hat, um einen Krisenfall zu verhindern – oder falls er doch eintritt, ihn mit einem Notfallplan abzusichern – dann bringt Verantwortung Freude.

Die Welt: In Ihrem Geschäft riskiert man ständig seine Existenz, mit jeder neuen Großinvestition.

Kenter: Das stimmt. Wir investieren immer im zweistelligen Millionenbereich. Eine Großinvestition, die über Jahre nicht in Betrieb gehen kann, so wie der Nürburgring, kann leicht das Aus für einen Freizeitpark bedeuten.

Die Welt: Wie sichern Sie sich gegen eine solche Fehlinvestition ab? Wie viele Consultants befragen Sie, bevor Sie investieren?

Kenter: Consultants? Nein. Wir vertrauen auf unsere Erfahrung. Wir sind seit 46 Jahren am Markt und haben in dieser Zeit immer mehr Know-how gewonnen. Damit meine ich nicht nur, wie man Attraktionen baut und technische Risiken abdeckt, sondern auch, den Zeitgeist zu erkennen. Freizeitparks bauen kann jeder, aber einen Park über einen langen Zeitraum erfolgreich am Markt halten, das ist die große Kunst.

Die Welt: Aber bei einer neuen Attraktion müssen Sie doch genau Marktforschung betreiben, müssen Besucherströme abschätzen können, die richtigen Leitsysteme durch den Park installieren. Das kennt man ja alles vom PC-Spiel "Rollercoaster Tycoon".

Kenter: Es gibt da verschiedene Computerspiele. Ich habe früher gelegentlich "Theme Park" gespielt. Dabei musste man nicht nur die Achterbahnen, sondern den ganzen Park entwickeln. Genügend Mülleimer aufstellen, Wege anlegen und so weiter.

Die Welt: Und? Ist das Spiel realistisch?

Kenter: Die Grundzüge sind nicht verkehrt, das Spiel ist ja eine richtige Wirtschaftssimulation. Man muss tatsächlich dafür sorgen, dass die Gäste, die kommen, essen, und dass genügend Mülleimer und Toiletten da sind, die auch sauber sind.

Die Welt: In Ihrer Branche gilt die Daumenregel: Um den Jahresumsatz eines Parks zu ermitteln, muss man den Eintrittspreis mit zwei multiplizieren, weil ein Gast im Schnitt noch einmal so viel für Essen und Trinken ausgibt. Das ergebe den Umsatz pro Tag. Stimmt die Regel?

Kenter: Die Regel kenne ich gar nicht. Muss ich auch nicht, denn ich kenne ja unsere Umsatzzahlen.

Die Welt: Die Sie unter Verschluss halten, ebenso wie die genauen Besucherzahlen. Sie haben aber kürzlich angedeutet, dass diese stagnieren. Warum?

Kenter: Es gibt in der Branche insgesamt ein leichtes Wachstum – aber aus meiner Sicht ist der Markt für Freizeitparks als Tagesausflugsziele in Deutschland gesättigt. Deshalb werden in Zukunft auch einige Freizeitparks im mittleren Bereich schließen müssen. Damit meine ich diejenigen Wettbewerber, die nicht die Möglichkeiten haben, in Großattraktionen zu investieren, und deshalb auch keine auskömmlichen Besucherzahlen erreichen, um ihre Kosten zu decken. Die ersten Beispiele zeigen sich schon...

Die Welt: ...etwa der in Not geratene Panorama Park im Sauerland.

Kenter: Richtig. Wir werden schon bald eine Zweiteilung der Branche erleben: Die kleinen Parks werden zu vergleichsweise niedrigen Preisen eine ortsnahe Versorgung anbieten. Die großen Parks müssen sich allesamt zu Kurzurlaubszielen weiterentwickeln. Ein Tagesgast lässt nach offiziellen Angaben im Schnitt 37 Euro in unserer Region, ein Übernachtungsgast rund 145 Euro. Und man vergrößert natürlich seinen Einzugsbereich, die Gäste nehmen weitere Anreisen in Kauf. Wer diese Entwicklung des Geschäftsmodells verschläft, wird große Probleme bekommen.

Die Welt: Das gilt für das Phantasialand insbesondere, weil es im Gegensatz zu seinen großen Konkurrenten keinen Platz hat, sich weiter auszudehnen.

Kenter: Wir stecken seit über zehn Jahren im Erweiterungsverfahren und sind jetzt erst so weit, dass der Bebauungsplan erstellt werden kann. Das wird mindestens noch mal ein Jahr dauern.

Die Welt: Nervt Sie das?

Kenter: Ich habe Verständnis, dass man Natur schützen möchte. Es darf aber nicht so weit kommen, dass Bäume zur Ersatzreligion werden – zumal wir ja vollständigen Ausgleich leisten. Man darf nicht vergessen, dass in einem Freizeitpark wie unserem Millionen Menschen Freude bereitet wird.

Die Welt: Bringt ein Freizeitpark mehr Lebensqualität als ein Wald?

Kenter: Man muss da eine faire Abwägung vornehmen. Beides hat seinen Wert. Ich habe ein Problem damit, wenn Politiker und Interessenvertreter eine Planung auch dann noch ablehnen, wenn ein Unternehmen bereit ist, alle Forderungen zu erfüllen, die vorher unter Mitwirkung eben dieser Interessenvertreter zustande gekommen sind. Da geht es teilweise ums Prinzip und nicht um Inhalte. Es geht nicht, dass über die Prinzipien unseres Rechtsstaats noch eine ideologische Ebene drüber gestülpt wird.

Die Welt: Der bekannteste Freizeitpark, Disney World in Florida, setzt auch auf ältere, zahlungskräftigere Kundschaft. Er macht Wellness-Angebote wie Spas und bietet schicke Restaurants an, in denen keine Kinder erlaubt sind. Verfolgen Sie diese Strategie auch?

Kenter: Wir haben tatsächlich Produkte, die sich an die etwas zahlungskräftigeren Älteren wenden, zum Beispiel eine Abendshow. Trotzdem wenden wir uns vorrangig an die Familien. Freizeitparks sollten keine Angebote nur auf eine schmale Zielgruppe zuschneiden.


Quelle: welt.de


Grüße
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